Ein Stoßgebet zum Himmel. Ein letzter Blick zurück. Dann hat das Warten ein Ende. Dann stürzen sie sich in die halsbrecherische Abfahrt. Die Kanten werden in die Eisplatten gehauen, bei jedem Schwung ist ihr Keuchen zu vernehmen. Die Knie beginnen alsbald zu zittern, mit purer Willenskraft retten sie sich ins Ziel.
Nein, die Black Mamba ist wahrlich keine gewöhnliche Abfahrt. Mit einem wahnwitzigen Gefälle von 63% lockt die steilste Abfahrt der Alpen den ambitionierten Skifahrer ans Kitzsteinhorn bei Zell am See/Kaprun. Die Herausforderung nahm der Ski Club Mount Lohr e.V. natürlich gerne an.
Ein Rekordaufgebot von 42 Skienthusiasten verabschiedete sich am Donnerstag, den 19.03.2014 vom sonnig umschmeichelten Lohrberg, um an den schneesichereren Kitzsteinhorn Gletscher zu reisen. Die Anreise geriet dann etwas länger als geplant, da es sich Bernd der Busfahrer, nicht nehmen ließ der Gruppe die pitoreske nächtliche Schönheit der Salzburger Provinz vorzuführen. Der frenetischen, von Vorfreude geschwängerten, Stimmung im Bus tat dies freilich keinen Abbruch.
Die Muskulatur war am Morgen nach kaum fünfstündiger Ruhephase noch merklich erschlafft und musste mit einer gehörigen Portion Kaffee beim Frühstücksbuffet im Jungen Hotel Zell am See erst wieder revitalisiert werden. Während Bernd noch seinen wohlverdienten Schlaf genießen konnte, machte sich der Mount Lohr-Tross auf den Weg ans Kitzsteinhorn. Für einige Quereinsteiger fand in Kaprun noch ein Materialupgrade bei Sport Glaser statt, bevor die Piste erobert werden konnte. Bei strahlendem Sonnenschein fanden fast alle wieder die angeborene Leichtigkeit wieder, die sie seit Kindestagen an auf den Brettern verspüren. Von blauen Pisten bis zu waghalsigen Halfpipes und steilen Buckelpisten wurde alles geboten, sodass Anfänger wie High-Performer voll auf ihre Kosten kamen. Während zum Ausklang des Skitages einige dem Après Ski frönten, hielten sich andere bei der Auswertung der fahrerischen Erkenntnisse der Auftaktabfahrten lieber an ein klassisch isotonisches Weißbier.
Wieder in der Unterkunft verzückte ein schmackhaftes Drei-Gänge-Menü die leeren Mägen bevor in diversen Würfelspielen und am Kickertisch die amtierenden Meister herausgefordert wurden. Philipp B. aus S. konnte seinen letztjährigen Titel in einem Herzschlagfinale nicht verteidigen. Neuer Champion wurde das sich an diesem Abend in einen sprichwörtlichen Rausch spielende Tag Team Flip J. und Robin R. aus B., das den unerwarteten Sieg anschließend gebührend zu feiern wusste.
Der Samstagmorgen kam nicht nur für die beiden Wuzzel-Meister viel zu früh – und mit ihm die sportliche Herausforderung auf der Piste. Da alle FahrerInnen bestens mit der Piste vertraut waren und ihr Equipment an die schneetechnischen Gegebenheiten anpassen konnten – Ski Club Mount Lohr e.V. Wachs- und Schleif-Tool-Box sei Dank – zogen die Guides das Tempo merklich an. Im Stangenwald der Rennstrecke, die sich knapp unterhalb des Gipfels an den Hang des Kitzsteinhorns schmiegte, kristallisierten sich dann auch einige Talente raus, die das im Aufbau befindliche Rennteam verstärken könnten. Einschränkend muss hierbei bemerkt werden, dass die Könige der Speed-Disziplinen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eher weniger zum Zug kamen. Dieser Nachteil wird bei der nächsten Fahrt im Dezember 2015 aber unter Wettkampfbedingungen ausgeglichen werden. Spektakuläre Aufnahmen erreichten das Orga-Team auch von der berüchtigten Black Mamba, die unter schwierigsten Bedingungen (stark ausgefahrene Piste, Eisplatten, nebelbedingt unzureichende Sichtverhältnisse) bewältigt wurde.
Die starken Eindrücke der diversen Abfahrten bestätigten sich dann bei den gemeinsamen Feierlichkeiten an der Mittelstation, deren legendäre Ekstase viele neidische Blicke auf sich zog.
Verständlich, dass die Käsespätzle angesichts der Strapazen des Tages beim Abendessen größten Anklang fanden. Gereicht dieses Tagesprogramm einem Bode Miller schon zur Ehre, setzte der Ski Club Mount Lohr e.V. noch einen drauf: In der Bar ohne Namen in der Zeller Innenstadt bescherte die illustre Truppe dem Besitzer den Umsatz seines Lebens und dem holländischen DJ-Frischling eine schweißtreibende Nacht. Mit gekonnt gemixten Schlagern, darunter das Who’s Who der „German Après Ski Hits“, heizte er der Menge ein. „Alles kann, nichts muss“ rief der Youtube-DJ als Motto des Abends aus.
Nach einer kurzen, für einige kürzeren, für einen Feierwütigen sehr kurzen Nacht ließen es die Skicracks am Sonntagvormittag eher gemächlich angehen. Ließ das diesige Wetter im Tal noch Böses erahnen, überraschte die Bergstation auf fast 3000 Metern mit einigen Sonnenstrahlen. Die letzten Stunden wurden je nach Façon zum dezidierten Techniktraining oder zu lockeren Cool-Down-Fahrten genutzt ehe sich alle SkifahrerInnen und SnowboarderInnen am frühen Nachmittag am Bus einfanden, der uns ohne Umwege in die hessische Skimetropole Frankfurt/Seckbach zurückbrachte.
Sonntagnacht wurden die Skier und Borads wieder in den Keller gestellt. Liebevoll fährt man mit der Hand die Kanten entlang. Ein letzter Blick auf die heiligen Bretter, die einem den ganzen Winter über treu ergeben waren. Bretter, die die Welt bedeuten. Und die jetzt ein halbes Jahr auf den nächsten Einsatz warten müssen – ärgerlich und unverdient!
Euer Lohrbär